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Die Stadt hatte für den Bau der ersten 300 Wohnungen zum Auftakt der Neubausiedlung von sich aus «lokal verankerte Investorinnen und Investoren» ins Boot geholt – «um die erste Etappe so zügig wie möglich zu realisieren», wie der Gemeinderat die Kooperation begründete. Rund 30 davon hätte die BEKB bauen sollen.

Stattdessen führen nun deren Rückzug sowie der Abgang des städtischen Projektteams zu einem Planungsunterbruch. Damit verzögert sich das Projekt, das sich allein in den vergangenen vier Jahren nicht weniger als vier Jahre Rückstand eingehandelt hat, noch einmal weiter. Statt des ursprünglich für 2023 geplanten Baustarts wird aktuell ein Beginn der Bauarbeiten «ab 2027» angepeilt.

Zweifel an der Wirtschaftlichkeit

Der schleppende Verlauf der Planung dürfte ein wichtiger Grund für den Entscheid der BEKB sein, wie sie selber andeutet: Ihre Pensionskasse habe sich «aufgrund von veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Entwicklungsdauer bei der Quartierentwicklung zurückgezogen», gibt die Medienstelle auf Anfrage bekannt. Für weitere Auskünfte verweist sie an die Stadtbehörden.

Unzufrieden mit dem Projektverlauf sind laut mehreren Quellen auch andere Investoren, denen die Stadt allerdings Maulkörbe verpasst habe. Tatsächlich werden reihum direkte Gespräche mit Involvierten abgeblockt. Auf Anfragen reagieren etwa die Mobiliar Asset Management AG, die Burgergemeinde oder die Hauptstadtgenossenschaft praktisch identisch: Wir sind zuversichtlich, dass es gut kommt, für alles Weitere wende man sich bitte an die Stadt.

Sie bedaure den Entscheid der PK BEKB, teilt die Stadt auf Anfrage mit. Deren Einstieg sei zu einer Zeit von Negativzinsen erfolgt; nach «raschen Zinserhöhungen» habe sich das Umfeld für Investitionen inzwischen so verändert, «dass andere nahezu risikolose Anlagen wieder attraktiver geworden sind». Das stimmt zwar – irritiert als Begründung für den Rückzug aber trotzdem, da das Investment von Anfang an langfristig und im Wissen um dynamische Rahmenbedingungen angelegt war.

Relevanter scheinen die unter den Investoren umgehenden Zweifel zu sein, dass sich Projekte auf dem Viererfeld überhaupt noch wirtschaftlich realisieren lassen. Der Tenor: Das Projekt sei derart überambitioniert und ideologisch überfrachtet, dass das Areal kaum noch mit einer minimalen Rendite entwickelt werden könne – und schon gar nicht zu den Baurechtszinsen, wie sie der Stadt einst vorschwebten.

Finanzdirektor Michael Aebersold (SP) räumt auf Anfrage ein, dass für die Bauten in Vierer- und Mittelfeld hohe Anforderungen gälten, «da zahlreiche soziale und ökologische Aspekte berücksichtigt werden sollen».

Beide Projektleiterinnen haben gekündigt

Dennoch gibt sich Aebersold «überzeugt, dass sich auf den ganzen Lebenszyklus der Immobilie bezogen wirtschaftliche Projekte realisieren lassen». Das sahen aber offenbar selbst bei Immobilien Stadt Bern nicht mehr alle so: Im laufenden Jahr haben dort die drei Angestellten des Teams Viererfeld/Mittelfeld gekündigt, darunter beide Projektleiterinnen.

Vor diesem Hintergrund sah sich die Stadt gezwungen, «zur Überbrückung» eine externe Firma anzuheuern, wie Aebersold bestätigt: «Wegen der Kündigungen, der hohen Arbeitslast und der Dringlichkeit der anstehenden Arbeiten wurde ein externes Mandat vergeben.» Laut Insidern bedeutet dies dreierlei: Know-how-Verlust, weitere Verzögerungen und zusätzliche Kosten.

Parallel dazu ist die Suche nach Mitarbeitenden für das Team Viererfeld/Mittelfeld – darunter jemand für die Projektleitung – laut Aebersold «weiterhin im Gange». Allerdings erschwere der Fachkräftemangel diese «auch im Bereich von Arealentwicklungen».

Neues Schulhaus von Anfang an zu klein

Auch in der Präsidialdirektion von Stadtpräsident Alec von Graffenried (GFL), der bei der Planung Vierer- und Mittelfeld gemeinsam mit Aebersold federführend ist, stellen sich Probleme. So startete Hochbau Stadt Bern im Juni den Wettbewerb «Neubau Volksschule und Sportanlagen Viererfeld», die gemäss Ausschreibung zusammen mit der bestehenden Volksschule Enge am Rand des Areals «einen Schulstandort bilden» sollen.

Allerdings steht schon jetzt fest, dass das neue Schulhaus aufgrund des geltenden Zonenplans zu wenig Platz für die geplanten Nutzungen haben wird. Sechs Basisstufenklassen, Aula und Bibliothek sollen deshalb an einem anderen Standort auf dem Viererfeld realisiert werden. Auch dies führt zu Mehrkosten sowie zu Mindereinnahmen, weil die Auslagerung der Schulanlagen zulasten von Wohn- und Gewerberaum gehen wird.

«Eine Farce», sind sich mehrere Quellen einig – und kritisieren, dass die Stadt all dies in Kauf nehme, um nicht noch einmal mit einer Zonenplanänderung, die ein höheres Schulhaus erlauben würde, vors Volk gehen zu müssen.

Ein neu designtes Quartier, das von Anfang an über zwei Schulhäuser sowie mehrere ausgelagerte Ergänzungsstandorte verfügt? Das habe «sowohl Vor- als auch Nachteile», findet die Stadt und begründet Ersteres so: «Zusätzliche Flächen im südlichen Bereich des Viererfeldareals würden kürzere Wege für Schülerinnen und Schüler aus dem Mittelfeld bedeuten.»

Die These, dass der Rückzug eines Investors, die Personalabgänge oder das notwendig gewordene externe Mandat zeigten, dass die Verwaltung mit dem Dossier überfordert sei, lässt die Stadt nicht gelten. Das Projekt sei zwar komplex und binde zahlreiche Ressourcen. «Die Stadtverwaltung hat aber genügend Fachwissen, dieses Projekt zu führen.»

21.9.23 von Christoph Hämmann / TAMEDIA